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Von Machern und Denkern

"Ich denke viel nach, aber ich sage wenig." - Anne Frank 

"Warum sagst du eigentlich nichts?" Vielleicht ist euch diese Frage eben so bekannt, wie mir. Oft, sehr oft habe ich sie zu hören bekommen und war mit ihr überfordert. Allen voran deshalb, weil ich selber keine Antwort auf diese sehr fordernde Frage hatte. Schnell folgt dann als unsichere Persönlichkeit - welche mit der Pubertät einhergeht - der Schluss, es sei irgendetwas falsch und man wäre "komisch" oder zumindest "nicht normal".


Heute weiß ich: Mitnichten ist mit mir irgendetwas falsch. Einzig und allein mein Umfeld, welches aus "Machern" - ein populäres Adjektiv hierfür wäre extrovertiert - bestand und auch teilweise noch besteht, verstand meine Verhaltensweisen als "Denker" - das Antonym: introvertiert - nicht (was ich zu diesem Zeitpunkt, da ich mich nicht damit auseinandergesetzt hatte, leider ebenfalls nicht tat). Was also unterscheidet diese beiden Gruppen?

Die Denker

... ziehen ihre Energie aus der Zeit, die sie mit sich selbst oder für sie interessante Aufgaben/Themen/Arbeiten verbringen. Das heißt aber keineswegs, dass sie antisozial oder schüchtern sind. Fühlen sie sich erstmal in einer Gruppe oder bei einer Person wohl, zeigt sich schnell die soziale Seite ihres Charakters. Dabei legen die Denker Wert auf tiefgründige Gespräche oder solche über Themen, die sie beschäftigen und mit denen sie sich intensiv auseinandergesetzt haben. In Gespräche mischen sich Denker, wenn sie der Meinung sind, über das Thema nicht genug zu wissen, ungern ein. Generell erfolgt der Denkprozess vor dem des Sprechens, sodass die Antworten des Denkers meist gut durchdacht einer klaren Linie folgen. Smalltalk stehen sie, genau wie oberflächlichen Bekanntschaften, daher skeptisch gegenüber. Weitere typische Eigenschaften sind: das Reflektieren von Erlebten (und daher auch die gute Erinnerung an in der Vergangenheit liegende Ereignisse), das Streben nach intensiven und bereichernden Freundschaften, ein hohes Einfühlungsvermögen und "Gute-Zuhörer"- Qualitäten.

die macher

... zeichnen sich durch ihre hohe Kontaktfreudigkeit zu anderen Personen aus. Sie ziehen ihre Energie aus dem Treffen mit anderen Menschen und langweilen sich schnell, wenn sie alleine sind. Dabei handeln die Macher lösungsorientiert, sind entscheidungsschnell und können andere leicht für ein Thema begeistern. Kein Problem haben sie, in größeren Gruppen unterwegs zu sein und dort im Mittelpunkt zu stehen. Macher scheuen nicht vor Konflikten zurück, wobei, entgegengesetzt zu den Denkern, der Sprech- während des Denkprozesses stattfindet, weshalb auch Smalltalk für sie in Frage kommt. Daher bereitet es ihnen auch keine Probleme, unverfänglich in ein Gespräch einzusteigen oder andere zu unterhalten. Weitere typische Eigenschaften sind: eine gute Durchsetzungsfähigkeit, die Souveränität in großen Gruppen sowie eine gewisse Impulsivität.


persönliche erfahrung und fazit

Aus eigener Erfahrung (siehe o.g. Beispiel) und da ich allen hier genannten Eigenschaften so oder so ähnlich zustimme, schätze ich mich als Denker, als introvertierte Persönlichkeit ein. Da wir in einer Gesellschaft der Macher leben, wird Introversion weniger stark wahrgenommen beziehungsweise sogar versucht, von den "betroffenen" Personen zu verbergen. So fühlt man sich schnell als zur Gesellschaft nicht dazugehörig. Und das, obwohl geschätzt ein Drittel bis die Hälfte aller Menschen Tendenzen zur Introversion aufweisen. Dazu ein sehr guter Artikel von SPON.
Aus Erfahrung weiß ich auch, wie schwierig manchmal der Umgang mit dem jeweils anderen Typus sein kann. So bekommen wir Introvertierte oftmals die oben genannte Frage an den Kopf geworfen. Andere Vorurteile sind Arroganz sowie Distanziertheit (aufgrund der weniger vorhandenen Mimik). Genau so gibt es Vorurteile gegenüber Verhaltensweisen der Macher: Ihnen fehlt es an Selbstreflexion und sie lassen nicht vernünftig mit sich diskutieren, da sie dem Gegenüber keine Zeit zum Reden lassen. Ein guter Mittelweg der Verständigung sollte hier die Lösung sein.
Es gibt weder rein introvertierte (Denker), noch rein extrovertierte (Macher) Personen. Wichtig ist, Gleichgesinnte in seinem Umfeld zu finden und, wenn es zur Konfrontation mit der jeweils anderen Gruppe kommt, eine angenehme Art der Kommunikation - für beide Seiten! - zu kreieren und, was der Idealfall wäre, voneinander zu lernen und profitieren. 

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